Ihre Anwälte für Pferderecht informieren zum Thema Verkehrssicherungspflichten und Haftung des Betreibers eines Offenstalls
Der Betreiber eines Offenstalls haftet, wenn Pferde im spielerischen Kräftemessen Teile des Stalls beschädigen und sich dabei an hervorstehenden Teilen verletzen. Das hat das Landgericht (LG) Koblenz Nov. 2025 entschieden
Geklagt hatte die Eigentümerin von „Manolo“. Die Frau hatte das 2020 geborene männliche Fohlen bei der beklagten Unternehmerin im Jahr 2022 untergebracht. Diese betreibt gewerblich einen Pferde-Pensionsstall, der auch eine sogenannte Offenstallhaltung umfasst. Dort können sich die Tiere auf großer Fläche austoben.
In dem Offenstall war Manolo zusammen mit einer Gruppe von insgesamt acht anderen Pferden untergebracht, darunter drei ebenfalls zweijährige Junghengste und fünf Wallache. Die Parteien hatten mündlich einen Pferdeeinstellungsvertrag zum Preis von monatlich 140 Euro geschlossen.
Eines Tages kam es zum Unfall: Manolo stürzte über ein aus dem Betonsockel eines Dachträgers etwa 20 Zentimeter weit herausragendes Flacheisen, welches in seinen Bauch eindrang. Hierdurch erlitt er eine schwere Bauchwunde, die Behandlung kostete gut 9.000 Euro. Diese Kosten wollte Manolos Eigentümerin von der Offenstallbetreiberin ersetzt haben.
Wichtig für den Rechtsstreit war die Art und Weise, wie der Offenstall gebaut ist, in dem sich Manolo verletzt hatte. Der Dachträger besteht aus einem Holzpfahl, der die (überwiegende) Dachlast trägt. Er war zum Zeitpunkt des Unfalls an beiden Seiten nicht mit den im Betonsockel eingelassenen Flacheisen verbunden. Als eines der Pferde beim Spielen gegen den Holzpfahl stieß, verschob sich der Pfosten, wodurch die Flacheisen freigelegt wurden. Bereits in der Vergangenheit rieben sich die untergebrachten Pferde häufig an diesem Balken, ohne dass sich dieser hierdurch verschob. Dies wusste die beklagte Stallbetreiberin auch.
Hiervon ausgehend argumentierte Manolos Eigentümerin: Die nicht miteinander verbundenen Flacheisen und der Pfosten hätten eine Gefahrenquelle dargestellt, die letztlich zu einem Verstoß gegen die Verkehrssicherungspflicht geführt habe. Der beklagten Stallbetreiberin habe es sich aufdrängen müssen, dass der nicht fixierte Pfosten bei Kontakt mit Pferden nachgebe und dann eine Sturzgefahr für sich anlehnende Pferde bestehe. Dabei habe sie einkalkulieren müssen, dass sich die untergebrachten jungen Hengste beim wilden Spiel und Rangkampf messen und dabei Kräfte wirken, die den Holzpfahl verschieben können.
Das sah die Stallbetreiberin ganz anders und hielt dagegen, der Pfosten sei ausreichend dimensioniert gewesen. Ein Verschieben sei daher praktisch nicht möglich gewesen und falls doch, habe sie hiermit nicht rechnen müssen.
Damit konnte die beklagte Offenstallbetreiberin das Gericht aber nicht überzeugen. Die Kammer bejahte den von Manolos Eigentümerin geltend gemachten (Schadensersatz-)Anspruch aus den §§ 280 I, 241 II Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) und aus § 823 I BGB aufgrund der Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht.
Durch die fehlende Sicherung der Pfosten inklusive der Flacheisen habe die beklagte Betreiberin ihre Nebenpflichten aus dem Pferdeeinstellungsvertrag fahrlässig und somit schuldhaft verletzt. Insoweit hatte sie auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen von Manolos Eigentümerin Rücksicht zu nehmen (§ 241 II BGB). Durch diese Verletzung der Verkehrssicherungspflicht habe sie auch gemäß § 823 I BGB die hierdurch eingetretene Verletzung des Pferdes zu verantworten.
Das Gericht stellt fest: Als Inhaberin der tatsächlichen Sachherrschaft am Stall sei sie für die befindlichen Gefahrenquellen verantwortlich. Ohne dass es auf Fragen der Statik ankomme, lag hier aus Sicht der Kammer eine Gefahrenquelle schon darin, dass der Holzpfosten nicht mit dem Flacheisen verbunden war, an dem sich Manolo schließlich verletzte.
Die Verletzungsgefahr habe sich der Offenstallbetreiberin dabei aufdrängen müssen, weil die Flacheisen bereits ohne Einwirkung auf den Holzpfosten leicht in den Raum hinein abgestanden hätten. Noch dazu habe der Pfosten selbst keinen Bodenkontakt gehabt, sein Abstand zu den Flacheisen sei zu groß gewesen und der Boden in der Nähe sei durch Unebenheiten geprägt gewesen. Verletzungen bei einem Sturz seien unter diesen Umständen zwangsläufig zu erwarten gewesen.
Ebenfalls konnte sich die Betreiberin nicht darauf berufen, dass in der Vergangenheit bei ähnlichen Spielereien und Machtkämpfen zwischen den Pferden nichts passiert war. Vielmehr hätte sie dies erst recht zum Vornehmen von Sicherungsmaßnahmen veranlassen müssen, so das Gericht abschließend.
Tags:Offenstall, Schadensersatz, Verkehrssicherungspflichten, Verletzung
