Ihre Anwälte für Pferderecht informieren zum Thema: Anfechtung eines Pferdekaufvertrags wegen arglistiger Täuschung

LG Gießen        vom      23.11.2012

Im vorliegenden Fall hatte die Klägerin für den Wiedereinstig sowie für den Einstieg ihrer Tochter in den Reitsport eine Trakehnerstute erworben, die von der Beklagten wie folgt beworben wurde.

„Unkomplizierte Trakehnerprämienstute zum Losreiten!
Sehr leichtrittige 8-jährige Trakehnerprämienstute, im Hauptstutbuch eingetragen mit 54 Punkten, Stutenleistungsprüfung 7,5 (Schritt 8,5; Springen 8,0). Mit feinsten Hilfen auch von Kindern problemlos zu reiten. Bei einem Stockmaß von 1,61 m ideales Junioren/Umsteigerpferd. Sehr sitzbequem …“

Bei den zwei Besichtigungsterminen hatte die Klägerin das Pferd zweimal Probe geritten und war von der Beklagten darauf hingewiesen worden, dass das Pferd problematisch auf Spritzen reagiere.

Nachdem die Klägerin der Beklagten zwei Monate nach Kauf berichtete, dass sich das Pferd gut eingelebt hätte und nicht von etwaigen Verhaltensauffälligkeiten berichtete, erklärte sie jedoch nach ca. 9 Monaten die Anfechtung des Kaufvertrags wegen arglistiger Täuschung.

In der Begründung hieß es, das Pferd leide unter einer „schweren Charakterschwäche“, die sich schon ungefähr eine Woche nach Übergabe des Pferdes gezeigt hätte. Unter anderem hätte das Pferd beim Führen auf die Koppel nach anderen Pferden getreten, hätte sich gegen eine tierärztliche Behandlung gewehrt, wäre gestiegen und hätte nach Menschen gebissen. Die Beklagte hätte ihr die mangelhaften Charaktereigenschaften des Pferdes verschwiegen, weil sie gewusst hätte, dass sie das Pferd ansonsten nicht kaufen werde, so die Klägerin.

Die Beklagte vertrat die Ansicht, sie habe das Pferd weder als Kinder- noch als Anfängerpferd annonciert, sondern vielmehr darauf hinweisen wollen, dass das Pferd mit feinen Hilfen – auch von Kindern – mit wenig Kraft geritten werden könne.

Das Gericht sah keine Ansprüche der Klägerin gegen die Beklagte und war davon überzeugt, dass die Klägerin nicht arglistig gehandelt hätte. So hätte die Klägerin nicht hätte beweisen können, dass die Beklagte ein gefährliches Steigen des Pferdes verschwiegen hätte. Insoweit sei auch bereits zu berücksichtigen gewesen, dass es sich bei einem Tier nie völlig sicher prognostizieren ließe, wie es sich in Zukunft verhält. Bei Pferden handele es sich um Individuen und nicht jede Abweichung von einem Idealpferd sei hier zu berücksichtigen.

Des Weiteren hätte die Beklagte die Klägerin unstreitig darüber aufgeklärt, dass das Pferd problematisch auf Spritzen reagiere und die Klägerin sei bei einem Tierarzttermin anwesend gewesen, bei dem das Pferd sogar eine einfache subcutane Impfung durch einen Schlauch zugeführt werden musste und das Pferd hierbei stieg. Der Klägerin sei danach bewusst gewesen, dass das Pferd im Umgang nicht problemfrei gewesen sei. So hätte die Beklagte das Pferd auch nicht als Anfänger- oder Einsteigerpferd beworben. Tatsächlich hätte sie in der Annonce ausgeführt, dass das Pferd sehr leichtrittig und mit feinsten Hilfen auch von Kindern zu reiten sei und die Stute ein ideales Junioren-/Umsteigerpferd sei. Auch wenn der Begriff Kind in der Annonce aufgetaucht sei, ergäbe sich aus dem Zusammenhang eindeutig, dass es sich nicht um ein Anfängerpferd handele, urteilte das Gericht. Insoweit würde durch die Beschreibung, „Mit feinsten Hilfen auch von Kindern zu reiten“, deutlich, dass der Reiter die Hilfen schon beherrschen müsse und insoweit Leichtrittigkeit bedeute, dass beim Einsatz der richtigen Hilfen wenig Kraftanstrengung erforderlich sei. Dies bedeute jedoch nicht, dass ein Pferd besonders ruhig und gelassen sei, was typische Merkmale für ein ideales Anfängerpferd seien.

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